Donnerstag, 7. Dezember 2017

Lucy sucht das Christkind - Eine Weihnachtsgeschichte von Barbara Zimmermann

Foto von sciencefreak, pixabay

Lucy wohnte mit ihren Eltern und ihrem Bruder Jonathan in einem Haus am Wald. Sie freute sich auf Weihnachten und möchte unbedingt das Christkind sehen. Sie überlegte, dass es ja wohl im Wald wohnen würde, packte ihren Rucksack voll mit Äpfeln und Nüssen und machte sich frühmorgens, als alle noch schliefen, auf den Weg.
Mit ihren roten Stiefeln stapfte sie durch den hohen Schnee, es hatte die ganze Nacht lang geschneit und es war bitterkalt. Im Wald war es sehr dunkel und die Zweige der Bäume waren schneebehangen. Sie lief durch das Dickicht und traf ein Reh.
„Weißt du wo das Christkind wohnt“, fragte sie das Reh.
„Das Christkind wohnt im Märchenwald und man kann es nur sehen, wenn es dies will“, sprach das Reh.
„Und wie finde ich den Märchenwald?“, fragte Lucy.
„Immer geradeaus und siehst du den Weihnachtsstern am Himmel, wenn der Stern immer größer wird und du irgendwann unter ihm stehst, bist du angekommen. Aber was duftet so aus deinem Rucksack, es riecht nach Äpfeln. Ich habe schon solange keinen Apfel mehr gegessen!“, sagte das Reh.
„Ich schenke dir meine Äpfel“, sprach Lucy, öffnete ihren Rucksack und legte dem Reh zwei rotbackige Äpfel in den Schnee.
„Frohe Weihnachten“, sagte sie fröhlich und stapfte weiter in Richtung Weihnachtsstern. Frohen Mutes lief sie eine ganze Weile, als sie ein Eichhörnchen traf.
„Hast du schon einmal das Christkind gesehen“, fragte Lucy das Eichhörnchen.
„Aber ja, das Christkind wohnt im Märchenwald und es ist wunderschön. Sag mal, du riechst so nach Nüssen und ich habe schon solange keine Nüsse mehr gegessen“, antwortete das Eichhörnchen.
„Ich schenke dir meine Nüsse“, sprach Lucy, öffnete ihren Rucksack und legte dem Eichhörnchen ihre Nüsse in den Schnee.
„Frohe Weihnachten“, sagte sie fröhlich und stapfte weiter in Richtung Weihnachtsstern. Sie lief eine ganze Weile und traf einen Hasen.
„Weißt du wo das Christkind wohnt“, fragte Lucy.
„Natürlich weiß ich wo das Christkind wohnt, es wohnt im Märchenwald und ist weiß wie Schnee. So einen schönen Schal wie du hätte ich aber auch gerne. Mir ist immer kalt“, sprach der Hase.
„Ich schenke dir meinen Schal“, sagte Lucy, wickelte ihren Schal von ihrem Hals und band ihn dem Hasen um.
„Frohe Weihnachten“, sagte sie und lief fröhlich weiter.

Eine Windböe fegte durch den Wald und wehte Lucys Mütze von ihrem Kopf bis hoch in eine Tanne, wo sie hängenblieb.
`Vielleicht kann ja ein Tier, welches auch friert, meine Mütze gebrauchen`, dachte Lucy und lief weiter.
Mittlerweile verspürte Lucy Hunger und ihr war kalt aber der Weihnachtsstern war noch immer ein Stück weit weg und sie lief tapfer weiter. Ihre Backen waren rot vor Kälte und sie nahm ein wenig Schnee von den Zweigen und lutschte daran, um ihren Durst zu löschen. Als sie hoch in den Himmel blickte stand der Weihnachtsstern plötzlich über sie und Lucy rief: „Liebes Christkind, ich bin Lucy und möchte dich einmal sehen!“
Der Himmel erhellte sich und es regnete Sternenstaub, der in einer warmen Wolke um sie glitt. Es wurde ihr ganz warm ums Herz und plötzlich stand das Christkind  mitten im Schnee. Es war wunderschön.
„So einen weiten Weg bist du alleine gegangen um mich zu sehen?“, fragte das Christkind.
Lucy strahlte über ihr ganzes Gesicht, glücklich das Christkind gefunden zu haben.
Das Christkind stülpte Lucy eine Mütze über und band ihr einen warmen Schal um, es gab ihr eine heiße Tasse Christkindeltee und ein Himmelsbrot mit Sternenstaub. Es war das köstlichste Brot, welches Lucy je gegessen hatte.
„Liebes Christkind, ich wünsche mir so sehr einen Hund und meine Eltern wollen keinen Hund. Kannst du mir helfen!“, fragte Lucy.
„Mal sehen, was sich da machen lässt“, lächelte das Christkind und zauberte das Reh herbei, band es vor einen Schlitten und gebot ihm Lucy sicher nach Hause zu bringen.
Das Reh schwebte nur so durch den Wald. Der Hase stand am Wegesrand mit Lucys dicken roten Schal um den Hals. Lucy winkte ihm zu. Geschwind setzte das Reh Lucy vor ihrem zu Hause ab. Als Lucy ihre Stiefel im Flur auszog, schaute ihre Mutter aus der Küche:
„Was hast du so früh morgens schon draußen gemacht!“
„Ich habe das Christkind besucht“, sagte Lucy und packte ihre Schultasche.
Drei Tage später am Heiligen Abend kam ihre Tante Erna zu Besuch in Begleitung ihres Hundes Jack. Sie bat Lucys Eltern ihren Hund zu behalten, da sie in ein Altersheim ziehen würde und sie so Jack ab und zu noch sehen konnte. Lucy konnte ihr Glück gar nicht fassen, sie mochte Jack schon immer sehr gerne und würde ihn nie wieder hergeben. Sie dachte: „Danke liebes Christkind!“ 
Für Lucy war Jack das Schönste Weihnachtsgeschenk aller Zeiten. 
 

Vita: Barbara Zimmermann ist am Niederrhein geboren und wohnt seit ihrer Heirat an der Ostsee.
Mit ihrem Mann hat sie mehr als zwanzig Jahre lang eine Schäferei betrieben und ihre fünf Töchter
großgezogen. Sie schreibt gerne für Groß und Klein.  Bei ihren Spaziergängen am Meer entstand
z.B. die Geschichte Piet und Polly Die Piratenkinder. Die Kurzgeschichte Lucy sucht das Christkind
hat sie zu Weihnachten 2016 für ihre Enkel geschrieben.